Seit Montag den 20. April gibt es eine flächendeckende Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) in öffentlichen Verkehrsmitteln und beim Einkaufen. Seitdem konnte ich mir selbst beim Einkaufen ein Bild vom Umgang mit dem MNS in der Leipziger Innenstadt machen. Dabei gingen mir als Ärztin viele Gedanken und Fragen durch den Kopf. Brauchen wir in diesen Tagen noch mehr Pflichten bzw. Einschränkungen in unseren Freiheiten? Können wir nicht als mündige Bürger selbst entscheiden, ob wir einen MNS tragen möchten oder nicht? Wie wäre es, wenn Politiker uns das vorleben, was sie von uns verlangen, also selbst MNS tragen, sei es bei Pressekonferenzen oder in Talk-Shows? Wie kann man alle vom Tragen dieses ungewöhnlichen und eher beängstigenden Accessoires überzeugen? Und wie kann ich als Ärztin den medizinischen Laien die Sinnhaftigkeit und den Umgang mit dem MNS erklären?

Wenn ich operiere, dann trage ich immer einen medizinischen MNS, um die Patienten, die ich operiere davor zu schützen, dass Keime, die sich in meinem Nasen-Rachen-Raum befinden, in die OP-Wunde des Patienten geraten, und so zu einer Infektion führen. Die Krankenhaushygiene-Kommission verlangt das Wechseln des MNS nach zwei Stunden.

In Asien hat sich das Tragen eines MNS seit fast 17 Jahren mehr als nur etabliert. 2002 und 2003 war die SARSCoV- und die sog. Vogelgrippevirus-Pandemie in Asien ausgebrochen. Eine der Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung war das Tragen von MNS. Es gilt dort inzwischen als Form der Höflichkeit, einen MNS zu tragen, um andere nicht mit Viren oder Bakterien bzw. Krankheiten zu gefährden. Außerdem schützt der MNS den Träger vor unwillkürlichem ins Gesicht fassen. So kann auch eine Schmierinfektion vermieden werden.

Das tückische am SARS-CoronaVirus2 (SARSCoV2) ist, dass es auch ohne Symptome übertragen werden kann. Daher halte ich es für wichtig und richtig, dass jeder von uns, zusätzlich zu den Maßnahmen wie das Abstand-Halten und das regelmäßige Händewaschen, einen MNS trägt. Es gibt im Internet inzwischen viele Anleitungen zum Nähen oder Basteln. Überall im Land laufen die Nähmaschinen heiß. Es gibt verspielte, schlichte, lustige, romantische und extravagante Exemplare. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Ein selbstgenähter MNS ist allerdings kein Medizinprodukt im Sinne des Medizinproduktrechts sondern primär ein Fremdschutz. Beim Tragen sollten diese Dinge beachtet werden:

  1. um wirksam zu sein, muss er über Mund UND Nase getragen werden,
  2. er sollte so eng wie möglich getragen werden,
  3. er sollte nur an den Bändern angefasst werden,
  4. er sollte spätestens nach einem Tag, bzw. wenn er feucht wird, in einem separaten Beutel aufbewahrt werden bis zur Wäsche bei mind. 60°C (am besten separat); nach der Wäsche sollte er getrocknet und gebügelt werden,
  5. nach Abnehmen des MNS sollte man sich die Hände gründlich waschen,
  6. er muss nicht getragen werden, wenn man sich im Freien bewegt und man weit und breit keinem Menschen begegnet, oder alleine im Auto sitzt; so ist ausreichende frische Luftzufuhr gewährleistet, die auch für die Gesundheit wichtig ist,
  7. Husten und Niesen sollte man weiterhin in die Armbeuge.

Die FFP-Masken müssen medizinischem Personal vorbehalten bleiben, da sie durch die permanente Pflege der Covid19-Patienten ständig dem Virus ausgesetzt sind und so eine erhöhte Wahrscheinlichkeit haben, sich mit SARSCoV2 anzustecken und dann zu erkranken. Die Menschen aus den Risikogruppen (z.B. immunsupprimierte Patienten) sollten ebenso FFP-Masken tragen. Ebenso sollten die sog. chirurgischen OP-Masken (medizinischer Mund-Nasen-Schutz) für medizinisches Personal vorbehalten bleiben.

Lassen Sie mich Ihnen aber auch eins verdeutlichen: es gibt keinen vollumfänglichen Schutz für Sie vor Virenerkrankungen. Durch die eigene Hygiene, das Einhalten von Hygieneregeln, Achtsamkeit und einen sensiblen Umgang mit Mitmenschen senken Sie jedoch das Risiko vor einer Ansteckung.

Bleiben Sie bitte ungeachtet Ihrer privaten und beruflichen Herausforderungen gesund, solidarisch und mitmenschlich.

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Hinweise für Anwender zur Handhabung von „Community-Masken“
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Antworten zur Verwendung von filtrierenden Halbmasken/Atemschutzmasken und weiterer persönlicher Schutzausrüstung
Empfehlungen zum Einsatz von Schutzmasken